Mein Motiv
Meine Reise zu den höchsten Erhebungen in Europa ist nicht dem Gedanken entsprungen, einer blinden Sammelwut zu folgen und hierbei so viele außergewöhnliche Dinge zu sammeln wie möglich, sondern vielmehr meiner Neugierde zu kultureller und landschaftlicher Vielfalt. Ich möchte hier nicht eine Liste abarbeiten und einen „Haken“ machen, sondern neue Erfahrungen und Entdeckungen machen.
Als leidenschaftlicher Bergsteiger stehen Berge im Mittelpunkt meines Lebens. Ich denke daher, dass es auch außerhalb des Alpenraums durchaus möglich ist, kleine Abenteuer zu erleben und interessante Landschaften zu erkunden.
Für mich ist das ein Kontrastprogramm zu meinem Arbeitsplatz und den monatlichen Touren im Alpenraum, der sich aktuell fast ausschließlich auf die bayerischen Alpen beschränkt. Auf Reisen in fremde Länder gibt es so viel zu entdecken und da ich Großstädte etwas meide und meinen Fokus lieber auf Natur und Fels sowie Schnee richte, ist mir dieses doch amüsante Reiseziel ins Auge gesprungen.
Von einem zeitlichen Rahmen werde ich hier absehen. Es geht nicht um Geschwindigkeit und Beschleunigung, sondern Entschleunigung. Ich werde die Zeit dafür benötigen, die ich dafür benötige.
Wie Goethe schon gesagt hat, „man ich ist nur dort wirklich gewesen, wo man auch zu Fuß war“. Und zu Fuß ist man immer etwas langsamer unterwegs und entschleunigt. Es sei denn, man heißt Ueli Steck.
Also auf geht’s, zu Europas höchsten Erhebungen!
Tabelle – Überblick der höchsten Erhebungen Europas
Land | Erhebung | Höhe [m] | Datum | Video/Bild | |
1 | Dänemark (Festland) | Yding Skovhøj | 172,5 | 08.04.2023 | zum Video |
2 | Niederlande (Festland) | Vaalserberg | 322,5 | 29.05.2023 | zum Video |
3 | Luxemburg | Kneiff | 560 | 03.06.2023 | zum Video |
4 | Belgien | Botrange | 694 | 04.06.2023 | zum Video |
5 | Liechtenstein | Vorder Grauspitz | 2599 | 17.06.2023 | zum Video |
6 | Bosnien und Herzegowina | Maglić | 2386 | 28.06.2023 | zum Video |
7 | Kroatien | Dinara | 1831 | 02.07.2023 | zum Video |
8 | Monaco | Tête de Chiem | 573 | 30.09.2023 | zum Bild |
9 | Deutschland | Zugspitze | 2962 | 09.10.2023 | zum Video |
10 | Polen | Rysy | 2499 | 04.11.2023 | zum Video |
11 | Ungarn | Kékestető | 1014 | 05.11.2023 | zum Bild |
12 | Litauen | Aukštojas | 293 | 21.11.2023 | zum Bild |
13 | Lettland | Gaiziņkalns | 312 | 22.11.2023 | zum Bild |
14 | Estland | Suur Munamägi | 318 | 22.11.2023 | zum Bild |
15 | Malta | Ta‘ Dmejrek | 253 | 03.12.2023 | zum Bild |
16 | Gibraltar | Rock of Gibraltar | 426 | 16.12.2023 | zum Bild |
17 | San Marino | Titano | 739 | 31.01.2024 | zum Bild |
18 | Tschechien | Sněžka | 1603 | 10.05.2024 | zum Bild |
19 | Albanien / Nordmazedonien | Korab | 2764 | 31.05.2024 | zum Bild |
20 | Serbien | Midžor | 2169 | 15.06.2024 | zum Bild |
21 | Bulgarien | Musala | 2925 | 16.06.2024 | zum Bild |
22 | Andorra | Pic de Coma Pedrosa | 2943 | 29.06.2024 | zum Bild |
23 | Armenien | Aragaz | 4090 | 02.08.2024 | zum Bild |
24 | Türkei | Ararat | 5137 | 09.08.2024 | zum Bild |
25 | Russland | Elbrus | 5642 | 13.08.2024 | zum Bild |
26 | Rumänien | Moldoveanu | 2544 | 29.09.2024 | zum Bild |
27 | Österreich | Großglockner | 3798 | 03.11.2024 | zum Bild |
28 | Spanien | Mulhacén | 3478 | 06.12.2024 | |
29 | Portugal | Torre Serra da Estrela | 1993 | 07.12.2024 |
Länder in Europa
Zum europäischen Kontinent gehören 47 Staaten. Je nachdem, welche Regeln man der Zugehörigkeit zu Grunde legt, kann diese Anzahl natürlich variieren. Im folgenden sei ein Versuch unternommen, die Liste der Erhebungen und deren Berücksichtigung auf dem europäischen Kontinent für mich einzugrenzen. Diese Eingrenzung ist demnach subjektiv.
Die Stadtstaaten Vatikanstadt und Monaco sind zwar klein, haben aber auch einen höchsten Punkt. Damit sind diese beiden Länder in meiner Reise mit eingeschlossen.
Istanbul liegt auf der Grenze zwischen Europa und Asien, was den Ararat als höchste Erhebung der Türkei in meine Reise einschließt. Leider ist in diesem Fall nicht nur ein Permit, sondern auch ein Guide verpflichtend. Wie sich das im Detail gestalten wird, kann ich noch nicht sagen.
Auf den höchsten Berg der Slowakei (Gerlachovský štít) kommt man ebenfalls nur mit einem Guide, was aus meiner Sicht unverständlich ist, da es sich hier um keine schwierigere Bergtour, als der zur Zugspitze handelt.
Der höchste Berg Europas ist der Elbrus. Dieser liegt in Russland unweit der Grenze zu Georgien. Demnach sind die höchsten Berge des Kaukasus in Georgien, Aserbaidschan und Armenien ebenfalls ein Teil dieser Liste. Kasachstan als gelisteter Staat Europas ist ebenfalls inkludiert.
Gibraltar ist zwar ein britisches Überseegebiet, das heißt, es ist nicht Teil des vereinigten Königreiches, steht aber unter dessen Souveränität. Somit wird Gibraltar hier ebenfalls separat betrachtet.
Eine weitere Ausnahme bildet der Kosovo, da er nur begrenzte staatliche Anerkennung gewinnt. Ich betrachte den Kosovo als weiteres Land, dessen höchsten Berg ich besteigen möchte.
Die folgenden Länder Frankreich und Italien, sowie Albanien und Makedonien teilen sich den höchsten Punkt, was bei der Errechnung der Gesamtanzahl berücksichtigt werden muss.
Darüber hinaus gilt es bei Portugal (Azoren), Spanien (Kanarische Inseln), Niederlande (Saba) und Dänemark (Grönland) zu erwähnen, dass es autonome Regionen außerhalb des europäischen Festlandes gibt. Dadurch verdoppeln sich selbstverständlich die Gipfel.
Wenn ich das nun mathematisch korrekt erfasst habe, komme ich auf 54 Gipfel.
Eine Reise über mehrere Jahre hinweg liegt vor mir. Der Weg ist das Ziel und Gott ist mit den Geduldigen.
Wie ich meine Reisen in aktuelle Krisengebiete, wie die Ukraine oder auch Russland gestalten kann, liegt in den Sternen. Ich werde einen Weg finden.
Dänemark (Festland)
Die höchste dänische Erhebung markiert den Start meiner Reise auf die höchsten Erhebungen in Europa nach Ländern. Warum ich die Zugspitze, Deutschlands höchster Berg, noch nicht bestiegen habe, ist mir ein Rätsel. Ich vermute Qualität vor Quantität oder das Meiden touristischer Ballungszentren im alpinen Bayern.
Im April 2023 zu Ostern war es soweit. Meine Reise sollte mich entlang der Westküste über Rømø bis nach Skagen führen. Auf dem Rückweg hatte ich das Vergnügen einen wunderschönen Sonnenuntergang auf Yding Skovhøj zu erleben. Stolze 172,5 Meter über dem Meeresspiegel.
Niederlande (Festland)
Am Wochenende des 1. Mai starten wir unserer dreitägige Reise durch die Niederlande. Wir starten am Vaalserberg, der höchsten Erhebung des Landes mit 322,5 m.
Die Erhebung markiert das Länderdreieck Niederlande, Belgien und Deutschland. In wenigen Schritten ist man hier in drei verschiedenen Ländern mit unterschiedlicher Sprache und Kultur.
Am Vaalserberg sind wir bereits zum Sonnenaufgang um 6:10 und haben den „Berg“ ganz für uns allein. Nach einer katastrophalen Nacht im Freien und auf Beton mit etwa 30 Minuten Schlaf, ist dass das erste Highlight auf der Reise.
Luxemburg
Es ist Anfang Juni 2023. Während in den Bergen allmählich der Schnee schmilzt, verschlägt es mich am ersten Juniwochenende erneut in die Benelux-Länder.
Die höchste Erhebung in Luxemburg liegt mit dem Kneiff und seinen zarten 560 m im Norden des Landes unweit zur belgischen Grenze.
Eine Beton-Markierung zeichnet den höchsten Punkt auf einem Asphaltweg zwischen zwei frisch gemähten Wiesen. Es ist still hier „oben“, wenn auch nicht ganz so still, wie auf dem Gipfel eines 2000 m hohen Berges der Alpen.
Belgien
Auf meinem Weg zur höchsten Erhebung in Belgien habe ich mich unglücklicherweise verlaufen. Schwer zu glauben, hat man diese erst einmal erreicht.
Am Parkplatz Botrange angekommen, folge ich dem in Google Maps gekennzeichneten Weg zum höchsten Punkt. Dieser liegt nämlich, nicht direkt neben dem Parkplatz und ist damit eigentlich nicht zu übersehen, inmitten des angrenzenden Waldgebiets. Nach ein paar Kilometern erkenne ich meinen Irrtum und folge dem Weg zurück zum Parktplatz.
Die Botrange liegt mit 694 m im ostbelgischen Hohen Venn und wurde durch Erdaufschüttung auf 700 m korrigiert. Die zusätzlichen 6 m bieten eine spektakuläre Aussicht. Irritierend ist das Denkmal direkt vor dem Hügel, welches auf verlorene Staatsgebiete während des 2. Weltkriegs erinnert.
Liechtenstein
Die Vorder Grauspitz, als höchsten Berg Liechtensteins, hatte ich seit einigen Monaten bereits im Visier. Nun soll es doch keine Wintertour werden, sondern eine Sommertour bei sommerlichen Temperaturen.
Von Stuttgart aus fahre ich nach Steg und komme dort, da ich leider meine GoPro am Ladekabel vergessen habe und deswegen nochmal 30 km zurückfahren musste, gegen 0 Uhr an.
Um 5 Uhr heißt es dann aufstehen, Zähne putzen, rein in die Bergschuhe und Rucksack aufsetzen. Da immer noch Altschneefelder am Berg liegen findet ein Teil der Tour abseits des Weges statt.
Nach ca. 4 Stunden bin ich auf dem Gipfel und genieße die Aussicht und die Stille.
Bosnien und Herzegowina
Der Maglić als höchste Erhebung in Bosnien und Herzegowina liegt mit 2386m im Süden des Landes und grenzt damit an Montenegro. Steigt man über die südöstliche Seite des Berges ab, ist man schon nach wenigen Schritten in Montenegro.
Vor einem kleinen Dorf mit dem Namen Kruševo biegt man rechts auf eine alpine Straße ab, die einen auf über 1600m zum Parkplatz bringt, sofern man nicht vom stark verwilderten und zugewachsenen Parkplatz der Hauptstraße starten möchte. Die alpine Straße befindet sich jedoch in einem katastrophalen Zustand und ist nur schwer mit einem nicht geländegängigen Fahrzeug zu befahren. Nicht zu unterschätzen ist auch die Distanz von 17 km, die man auf diesem „grobkörnigen“ Schotterweg zurückzulegen hat. Bosnier heizen hier hoch wie die Irren.
Hat man den Weg zum Parkplatz geschafft sind es zum Gipfel des Maglić noch etwa 700 Höhenmeter mit stellenweise ausgesetzter Kletterei die auch größtenteils mit Stahlseilen abgesichert ist.
Am Gipfel des Maglić angekommen stellt man fest, dass eine serbische Flagge aus Metall weht. Auch ein in Stein gehauenes Denkmal zeichnet den Gipfel. Eine fröhliche Schulklasse aus Ungarn hat es ebenfalls zum höchsten Punkt geschafft. Cooler Ausflug!
Kroatien
Kroatien ist im wesentlichen Sinne für seine türkisblauen Küstenregionen mit unzähligen Inselgruppen bekannt. Dubrovnik und Split sind extrem beliebte Reiseziele mit ihren mittelalterlichen Arealen aus Mauern und Baudenkmälern.
Im Osten des Landes erhebt sich aber das Dinarische Gebirge, mit dem Dinara 1831m als höchsten Punkt des Naturparks. Nach einer etwa einstündigen Fahrt von der Küste landeinwärts, gelange ich in das kleine Dorf Glavaš, was den Ausgangspunkt meiner Wanderung markiert.
Technische Schwierigkeiten stehen bei der Besteigung nicht an. Mit etwa 8 km zum Gipfel zieht es sich etwas hin und die Ostroute ist dich etwas verwilderter als zu Beginn angekommen. Die Westroute, welche ich im Abstieg genommen habe ist deutlich angenehmer zu gehen, da nicht unzählige Pflanzen in den Weg wachsen. Des Weiteren kommt man hier auch bei einer kleinen Hütte vorbei, die man in Notfällen auch als Nachtlager nutzen kann.
Auf dem Gipfel steht ein kleines rotes Häuschen in das gut und gerne vier Personen reinpassen. Die Aussicht ins Landesinnere ist atemberaubend was auch für die landschaftliche Optik der Berge in Kroatien gilt. Eine wirklich coole Abwechslung zwischen türkisblauem Badestrand und Dubrovnik.
Monaco
Ende November ging es mit dem kleinen Bruder auf ein kleines Abenteuer an die Côte d’Azur. Übertritt man die Grenze Italiens zu Frankreich, wartet schon nach wenigen Kilometern ein winziger, unabhängiger Stadtstaat namens Monaco.
Bekannt für seinen prestigeträchtigen Großen Preis von Monaco in der Formel 1 hat das Fürstentum selbstverständlich auch einen höchsten Punkt.
Dieser höchste Punkt des Fürstentums ist mit 573 Metern der Tête de Chiem und grenzt in Form einer Straße direkt an Frankreich an.
Die bergsteigerischen Fähigkeiten zur Erklimmung halten sich in Grenzen. Nichtsdestotrotz hat man einen unglaublichen Ausblick auf das offene Mittelmeer und den Jachthafen, sofern man eine Lücke zwischen den hohen Gebäuden findet.
Deutschland
Das die Zugspitze mit Deutschlands höchster Erhebung erst an neunter Stelle kommt, hängt damit zusammen, dass ich auf den geeigneten Zeitpunkt gewartet habe, um noch den Jubiläumsgrat bis zur Alpspitze anschließen zu können.
Um 4:30 Uhr geht es von Hammersbach über das Höllental auf die Zugspitze 2962m. Nach einer ausgiebigen Mahlzeit mit genug Flüssigkeit auf der Tiroler Seite ging es dann auf den Jubiläumsgrat, welcher seiner Namensgebung alle Ehre erweist.
Genussvolle Gratkletterei über viele Kilometer mit einigen Zwischengipfeln und einer Biwakschachtel führen mich bis zum Sonnenuntergang zur Alpspitze. Diese klettere ich über die Ferrata ab zum Osterfelderkopf während langsam die Dunkelheit hereinbricht.
Tausend Dank an der Stelle nochmals an den Koch der Hochalm, welcher mir um 20:30 noch eine Coke verkauft und darüber hinaus eine Flasche Wasser, zwei Äpfel und einen Schnaps schenkt.
Um 21:30 Uhr findet das Abenteuer am Parkplatz in Hammersbach sein Ende. Was bleibt sind einige schöne Erinnerungen sowie Selbstvertrauen in die eigenen körperlichen Fähigkeiten.
Polen
Es ist der 4. November 2023. Es hat die Tage zuvor viel geschneit und ab 1800 m liegt Schnee am Rysy. Um 4:30 Uhr geht es lost für mich am Parkplatz unweit der slowakischen Grenz. Es liegen 25 km und 1500 Höhenmeter vor mir.
Viele Stellen ab 1900 m sind stark vereist und ich komme in den Genuss fordernder Kletterei mit Steigeisen an den Schuhen. Auch die vielen Ketten, welche hier auf polnischer Seite in der Tatra verlegt werden, sind eingeschneit oder vereist.
Auf meinem Weg zum Gipfel komme ich gut voran und verlaufe mich nur einmal, finde den Weg nach einer Querung aber wieder. Je höher ich steige desto grandioser die Aussicht und stärker der Wind. Glücklicherweise habe ich diesmal ein zweites Paar wärmerer Handschuhe eingepackt. Schmerz ist und bleibt der beste Lehrmeister.
Nach etwa 5 Stunden stehe ich auf dem höchsten Gipfel in Polen, dem Rysy mit 2499,6 m. Hier nimmt man es sehr genau. 10 Meter weiter südlich liegt der 2 Meter höhere Nebengipfel auf slowakischen Territorium. Dieser wird selbstverständlich auch noch erklettert. Ein guter Tag!
Ungarn
Der Kékes, auch als Kékestető bezeichnet, ist mit 1014 m der höchste Berg Ungarns. Er liegt im Mátra-Gebirge im Norden des Landes unweit der Hauptstadt Budapest und ist eines der beliebtesten Touristenziele Ungarns.
Nachdem ich kurzfristig keinen Guide für die Besteigung des Gerlach (höchster Berg in der Slowakei) bekommen haben, aufgrund schlechter Wetterbedingungen, bin ich spontan noch nach Ungarn gefahren. Ein Umweg von etwa 250 km auf dem Weg zurück nach Deutschland. Die Pflicht zu einem Guide war mir bis dato leider nicht bekannt.
Die Nacht am „Berg“ war etwas stürmisch und verregnet, den Kékes habe ich allerdings trotzdem erreicht und gleichzeitig meine Hardshell-Ausrüstung einem Stresstest unterzogen.
Trotz Nebel, Sturm und Starkregen habe ich interessante Eindrücke mitnehmen können und hatte den höchsten Punkt ganz für mich.
Litauen
Um 15:15 startet mein Flieger von Memmingen mit Ziel Riga. Dort wartet ein bereits gebuchter Mietwagen, welcher mich nach etwa 4 Stunden Autofahrt sicher in den Süden der Hauptstadt Litauens bringt.
Direkt am Parkplatz zur höchsten Erhebung des Landes verbringe ich eine Nacht im Auto bei -5 Grad. Die neue Strategie mit Wollsocken und zweifacher Kleidungsschicht geht in dieser Nacht noch erfolgreich auf. Erst nach etwa sieben Stunden schlaf, spüre ich eine schleichende Kälte an meinen Füßen.
Am nächsten Tag geht es direkt nach Sonnenaufgang den kurzen Weg zum 293m hohen Aukštojas.
Leider nimmt im Anschluss mein Aufenthalt hier in Litauen einen etwas unangenehmen Verlauf. Da sich die höchste Erhebung in unmittelbarer Grenze zu Weißrussland befindet, mache ich mit dem Auto einen kleinen Abstecher, von etwa einem Kilometer in Richtung weißrussischer Grenze. Keine gute Idee, wie sich später rausstellt.
Der gesamte Grenzverlauf ist mehrfach Zaun und Stacheldraht versehen. Ich mache zwei Bilder und setze mich in Bewegung in Richtung Vilnius. An einer Bushaltestelle keine 1000 Meter landeinwärts, sehe ich dann ein Schwanz-Graffiti. Diese Straßenkunst muss ich unbedingt fotografieren und an ausgewählte Kontakte verschicken.
Weitere 5 Minuten später hält ein grünes Militärfahrzeug mit Sirene vor meinem Wagen. Ich werde gebeten Reisepass, Führerschein und Fahrzeugschein abzugeben und man bittet mich, dem Fahrzeug bis zu einem Militärgelände zu folgen. Nach über 2 Stunden in einem Raum, vier Unterschriften auf Dokumenten und einer offiziellen Warnung darf ich gehen.
Lettland
Nach dem kleinen Zwischenfall an der weißrussischen Grenze und einem Abstecher nach Vilnius geht es weiter in Richtung lettische Grenze.
Lettlands Gaiziņkalns liegt mit 312 Metern zentral im Land und ist über kilometerlange gerade Landstraßen einfach zu erreichen. Die Grenzübergänge im Baltikum sind auch beinahe unsichtbar. Achtet man nicht auf die Karte fällt einem kaum auf, dass man ein neues Land betritt.
Ein Waldweg führt mich in der bereits hereingebrochenen Dunkelheit zum letzten Parkplatz. Hier „oben“ liegt bereits Schnee und ich bin der einzige Gast auf dem Parkgelände.
In der folgenden Nacht kommen meine Wollsocken und meine zwei Schicht an den Beinen an ihre Grenzen. Genauer gesagt wird diese bei -9 Grad überschritten. Ab 4 Uhr wird der Schlaf zunehmend unangenehm und ich friere an den Beinen und Füßen. mit einer Softshell die ich noch im Rucksack hatte versuche ich zu improvisieren, ohne Erfolg. Die Nacht ende unangenehm und mit beinahe tauben Zehen um 6 Uhr.
Noch vor Sonnenaufgang setze ich mich in Richtung Gaiziņkalns in Bewegung. Auch hier ist es nur noch ein Katzensprung und ich darf am höchsten Punkt einen blutroten Sonnenaufgang beobachten. Die Wälder und Wege sind im fantastischen Winterkleid eingeschneit.
Estland
Direkt nach dem Gaiziņkalns geht es weiter in Richtung Estland. Der Suur Munamägi liegt mit 318m in unmittelbarer Distanz zur lettischen Grenze.
Nachdem mich hier kurz vor dem Ziel noch ein Polizeiauto kreuzt und ich hier glücklicherweise verschont bleibe, führt mich eine Landstraße durch die verschneiten Wälder Estlands.
Beim Zustieg zum Suur Munamägi wird auf halber Höhe sogar ein estnischer Bergsteiger porträtiert, welcher Anfang der 2000 als erster Este den Mount Everest bestiegen hatte.
Für 6 Euro geht es dann noch in den Turm, welcher auf dem höchsten Punkt Estlands steht, um auch dort den höchsten Punkt zu erklimmen. Eine schöne Aussicht hat man hier über das verschneite Land. Mit Ausnahme eines jungen Paars aus Estland, bin ich hier oben alleine.
Malta
Es ist Dezember und mein zweiter via Skyscanner gebuchte Flug nach Malta über die bayerische Stadt Memmingen, startet mit etwa 7 Stunden Verspätung. Der Winter klopft nicht nur an die Tür, er kommt mit der Tür rein. 44 cm Neuschnee in München sind Rekordwerte.
Es ist bereits dunkel als die Boeing 737 auf der kleinen Insel im Mittelmeer landet. Ich erledige noch ein paar kleine Einkäufe, esse die mit Abstand widerlichste Pizza und mache mich auf den Weg Richtung Süden.
Aufgrund der erheblichen Verzögerungen ist mir klar, dass ich heute den höchsten Punkt Maltas nicht mehr erreichen werde. Der Plan ist auf dem Weg in diese Richtung zwei Bäume mit passendem Abstand zu finden, für die Hängematte.
Da ich lediglich Handgepäck gebucht habe, kann ich eine Isomatte nicht mitnehmen. Ich habe leider nur Schaumstoffmatten die etwas sperrig sind und die aufblasbare Winterisomatte wäre etwas übertrieben. Also muss ich zwei Bäume finden, was mir auch nach einer etwa einstündigen Wanderung gelingt.
Da ich auch keine Kopflampe dabei habe und die Handytaschenlampe aus Vorsicht lieber nicht einschalte, gestaltet sich die Suche doch etwas schwieriger. In der Ferne höre ich noch Hunde bellen, ich schlafe dennoch schnell ein und wache nach sehr erholsamem Schlaf bei Helligkeit am nächsten Tag erst wieder auf.
Nun heißt es aufstehen, Zähne putzen und eine Kleinigkeit essen und dann kann es losgehen. Über kleine Pfade und Schotterwege erreiche ich nach 10 km die Südküste von Malta und mit 253 m den Ta‘ Dmejrek als höchste Erhebung der Insel.
Gibraltar
Da Gibraltar nicht als vollständig politisch unabhängig anerkannt wird, ist es in der offiziellen Liste der höchsten Erhebungen Europas in Wikipedia nicht gelistet.
Nun ist es so, dass ich eine andere Betrachtungsweise habe im Kontext dieser Reise, weswegen ich den Kleinstaat auf meinem Weg separat betrachte.
In Malaga gelandet geht es mit dem Mietwagen in den Süden Richtung Gibraltar. Während es in Memmingen zu dieser Jahreszeit (Mitte Dezember) Temperaturen unter Null hat, scheint in Andalusien die Sonne bei angenehmen 18 Grad.
Auf einem großen Parkplatz auf spanischem Territorium kann man sein Auto parken. Im Anschluss geht es dann durch Grenzkontrollen und nach der Querung einer Flugzeug Start- und Landebahn steht man schon nach wenigen Minuten Gehzeit in der City.
Am Nordende erhebt sich der Felsen steil auf 411,5 m über dem Meer zur Rock Gun Battery, einer Befestigungsanlage. Der höchste Punkt, die O’Hara’s Battery am Südende, liegt bei 426 m über dem Meer.
San Marino
San Marino ist die vermutlich älteste bestehende Republik der Welt mit Gründung 17 Jahrhundert. Folglich ein für mich interessantes und lohnenswertes Reiseziel.
Es ist Anfang April und wir befinden uns auf einem Roda Trip durch Italien und beschließen daher einen kleinen Abstecher in die kleine Republik zu machen.
Denn im Herzen von San Marino thront der Monte Titano mit 739m mit gut erhaltenen Burganlagen und steilen Felswänden.
Über wenig befahrene Landstraßen geht es bis kurz unter den Titano. Das Auto ist schnell geparkt und weiter geht es zu Fuß auf schmalen Wanderwegen eng steilen Felswänden verlaufend bis auf 739m
Wir genießen die weite Aussicht nach Italien, ein Eis bei angenehmen Temperaturen und schlendern durch die kleinen Burganlagen auf dem höchsten Punkt San Marinos.
Tschechien
Wir schreiben den 9. Mai. Es ist Europatag. Ein Tag im Gedenken an Frieden und Einheit in Europa. Eine arbeitnehmerfreundliche Woche, vorausgesetzt man nimmt sich den Brückentag frei, was der Glatzkopf hier gemacht hat.
Es ist also mal wieder an der Zeit für einen Road Trip. Spontan soll es nach Tschechien gehen. Auf dem Programm stehen Klettersteige, Prag und die Schneekoppe, Tschechiens höchste Erhebung im Norden des Landes zur Grenze nach Polen.
Ich komme erst am Nachmittag auf dem Parkplatz an, schnüre meine Speed Goat, die ich wirklich zu lieben gelernt habe, packe etwas Verpflegung ein und schon kann es losgehen.
Mit Steinen gepflasterte Wege und weicher Waldboden geht es zur Hütte Bouda Růžohorky. Von dort verläuft der Weg parallel zur Seilbahn bis zum höchsten Punkt.
Ein feines kleines Abenteuer bei angenehmen abendlichen Temperaturen. Der große Ansturm ist bereits vorüber und ich genieße die Ruhe am Gipfel.
Albanien und Nordmazedonien
Der Mount Korab ist mit seinen stolzen 2754 m der höchste Berg auf der Grenze zwischen Albanien und Nordmazedonien.
Mit dem Flug von Mailand über Tirana werde ich versuchen den Aufstieg über die albanische Seite anzugehen.
Der Steinwurf des Berghüttenwirts am Fuße des Korab zeigt mir, dass hier andere Sitten herrschen. Nicht besonders schön zu sehen, wie ein Mann seine Beherrschung verliert und einen faustgroßen Stein nach einem Straßenköter wirft, der schwanzwedelnd versucht, von den fremden Gästen etwas Aufmerksamkeit und Nahrung zu ergattern.
Ich verbringe die Nacht im Auto. Diesmal habe ich als Mietwagen einen Suzuki Swift. Extrem abgenutzt aber doch ein solider und zuverlässiger Partner im Straßenverkehr. Ich komme ohne Panne an mein Ziel, das ist entscheidend!
Am nächsten Tag starte ich bei hoch hängender Wolkendecke meine Tour. Nach einer Stunde Marsch beginnt es zu regnen und mir wird klar, dass heute der Kopf mehr gefragt ist die Beine. Ich werfe also die Regenjacke über, drücke mir die Bose Kopfhörer in die Ohren und marschiere weiter.
Am Joch angekommen bricht die Wolkendecke etwas auf und ich blicke auf vereinzelte Stellen des blauen Himmels. Während der Wind und Kälte zunehmen, laufe ich keuchend die letzten Meter zum Gipfel des Mount Korab. Endlich gönne ich mir nun eine Pause bei entspannenden und meditativem Soundtrack. Schön hier oben zu sein!
Serbien
Mitte Juni 2024 steht endlich wieder ein lang ersehntes minimalistisches Abenteuer an. Die Arbeitswoche war kräftezehrend, dennoch hoffe ich genug Energie für meine Bergtouren in Serbien und Bulgarien aufbringen zu können.
Im Vorfeld ist mir schon klar, dass wird eine zähe Angelegenheit.
Mit dem Blablacar geht es zuerst von Zürich zum Flughafen Mailand Bergamo, da mein Auto in der Werkstatt ist. Shit happens!
Dann mit dem Flieger nach Sofia und anschließend mit dem Mietwagen Kia Picanto in sportlichen zweieinhalb Stunden zum Bergdorf am Fuße des Midžor.
Passende Kleidung trage ich schon, ein paar Riegel und Wasserflasche in Rucksack und schon kann es Laufmarsch losgehen.
Auf dem Weg nach oben kommen mir einige gut gelaunte Serben im Abstieg entgegen. Ein Pause lege ich nicht ein, mein Energielevel scheint noch stabil zu sein und so bin ich nach etwas unter Stunden am Gipfel des Midžor. Mit 2169m der höchste Berg Serbiens.
Wetter und Aussicht sind grandios. Einzig die vielen Insekten stören die Ruhe, was mich aber nicht davon abhält eine volle Stunde am Gipfel die Stille zu genießen.
Bulgarien
Ich beschließe noch am selben Tag der Besteigung des Midžor die Fahrt nach Bulgarien anzutreten. Ich möchte so nahe wie an mein nächsten Ziel, dem Musala, kommen. Auf diese Fahrt erlebe ich auch meinen ersten richtigen Sekundenschlaf, da ich in den letzten 40 Stunden nur drei Stunden Schlaf hatte.
Ich nehme sofort die nächste Ausfahrt, klappe den Beifahrersitz soweit nach hinten wie es geht und schlafe für sechs Stunden bevor es dann weitergeht in Richtung Rila-Nationalpark.
Im Nationalpark angekommen werfe ich nochmal einen Blick auf die kommende Route. Etwa 23 km Distanz bei 1500 Höhenmetern. Heute wird definitiv zäh, insbesondere mit den hohen Temperaturen.
Ohne Sonnencreme und mit minimalistisch gepackten Rucksack (Wasser, Riegel, Banane und Regenjacke) kann es losgehen. Das ich auf Sonnencreme verzichte werde ich später noch bereuen.
Bis auf 2369 m kann man hier die Seilbahn nehmen. Bis zu diesem Punkt bin ich auch völlig allein unterwegs. An der Seilbahn angekommen verzichte ich auf Rast und versuche mein Tempo weiter zu halten.
Vor dem eigentlichen Gipfel des Musala türmen sich zwei Vorgipfel auf die frei nach persönlichem Gusto überstiegen oder umgangen werden können. Ich entscheide mich für erstere Variante und folge weiter meiner Nase in Richtung Gipfelaufbau.
Einen richtigen Weg gibt es nicht, was einem Schönwettertag und ein klein wenig Abenteuerlust auch nicht erforderlich ist. Ich folge einfach meiner Nase zum höchsten Punkt und treffe dort auf einen Pfad der mich zum höchsten Gipfel Bulgariens führt.
Andorra
Wir schreiben den letzten Freitag im Juni 2024 und ich sitze im Büro meines Arbeitgebers mit dem Gedanken am Montag frei zu nehmen, da das Wetter in den Bergen der Zentralschweiz nicht wirklich rosig aussieht.
Gesagt getan reiche ich kurzfristig einen Tag Urlaub ein und sitze etwas verspätet um 19 Uhr von Goldau aus im Auto Richtung Andorra. Fast 1100 km liegen vor mir.
Nach einer kurzen Nacht auf einem Autobahnrastplatz komme ich gegen 17 Uhr in Arinsal an, von wo aus ich meine Tour gerne starten möchte.
Schnell werfe ich meinen Rucksack um und mache die ersten Meter Richtung Pic de Comapedrosa. Ich habe noch etwa 4 Stunden Sonne, die möchte ich nutzen.
Der Bergpfad zum Comapedrosa endet bei der Pla de L`Estany, einer kleinen Hütte auf 200 Meter. Den weiteren Weg zum Gipfel muss ich nun selbst finden.
Die doch etwas lange Autofahrt und der wenige Schlaf machen sich nun bemerkbar. Ich komme nur langsam voran und benötige viel Kraft meinen Weg zu finden. Der komplett durchnässte Untergrund aus Erde, Holze und Stein tragen zu meiner kontinuierlichen Erschöpfung bei.
Trotz all der Anstrengung ist es wunderschön hier draußen. Die umliegenden Gipfel sind wolkenverhangen und zeigen sich nur gelegentlich. Auch begegne ich keiner anderen Menschenseele hier draußen. Ich bin allein unterwegs.
Gegen 20:30 Uhr erreiche ich endlich den Gipfel.
Armenien
Für meinen Sommerurlaub 2024 habe ich mir etwas besonderes überlegt. Und zwar möchte ich im Kaukasus meine ersten 5000er besteigen.
Zur Akklimatisation will ich nach Armenien auf den 4090m hohen Aragaz im Osten des Landes unweit der Hauptstadt.
Mit dem Flieger geht es zuerst nach Istanbul und von dort nach Jerewan. Ein Mietwagen ist bereits gebucht und nach Anderthalb Stunden Fahrt bin ich bei Tagesanbruch am Parkplatz zum Aragaz.
Da ich auf dem Flug über Nacht kaum geschlafen habe steht nun noch ein kleiner Powernap an bevor es dann gegeb 10 Uhr losgeht. Auf dem Programm stehen 1300 Höhenmeter auf 16 km Distanz, in Trailrunning-Schuhen versteht sich.
Wege gibt es hier nicht wirklich und so verlaufe ich mich relativ schnell. Ich merke schnell, dass der Gipfel mich viel Kraft kosten wird. Ich bin nicht akklimatisiert und spüre die Höhe deutlich.
Nach quälenden Stunden und überdurchschnittlich vielen Verschnaufpausen erreiche ich den Gipfel zum späten Mittag.
Türkei
Der Ararat ist mit 5137m der höchste Gipfel der Türkei. Er darf nur mit Permit und einem Guide bestiegen werden. Im Vorfeld habe ich daher bereits ein Gruppenticket gebucht, welches mich in 5 Tage auf den Gipfel und wieder zurück ins Tal führen wird.
Die Gruppe ist ein bunter Haufen aus Interessierten zahlreicher Nationen. Überwiegen Rumänen scheint es in der ersten Augustwoche zum Ararat verschlagen zu haben.
Der Aufstieg wird durch den Anbieter in 2 Camps und auf 4 Tage verteilt. Am ersten Tag erfolgt der Aufstieg zu Camp 1 auf 3200m gefolgt von dem Akklimatisationstag an Tag 2. Wir steigen zu Camp 2 auf 4100m auf, verweilen dort eine Stunde und steigen wieder zu Camp 1 ab. An Tag 3 erfolgt der erneute Aufstieg zu Camp 2. Diesmal nächtigen wir aber auf 4100m und beginnen bereits zu Mitternacht mit dem Gipfelanstieg an Tag 4.
Gegen 9 Uhr stehen wir auf dem Gipfel des Ararat.
Mein erster 5000er.
Ein gutes Gefühl!
Mein Körper verträgt die Höhe gut und spüre meine Birne nur leicht.
Russland
Während die Teilnehmer der Ararat-Gruppentour noch Tag 5 am Berg verbringen und gemütlich in Richtung Tal absteigen, bin ich bereits an Tag 4 abgereist in Richtung Russland.
Mit einem Minivan überquere ich ohne weitere Probleme die Grenze. Von Vladikavkas geht es dann mit dem nächsten Minivan nach Terskol, einer kleinen Stadt am Fuße des Elbrus. Dort registriere ich mich beim Ministerium für Notfälle für meine Solobesteigung.
Zu Beginn ist es nicht leicht mich hier zurechtzufinden, da kaum jemand englisch spricht und ich kein Wort russisch kann.
Ich finden schließlich heraus, dass der untere Abschnitt zur letzten Liftstation aufgrund Bauarbeiten gesperrt ist. Eine Besteigung vom Hotel aus bis zum Gipfel ist nun leider nicht mehr möglich. Ehrlich gesagt bin ich etwas frustriert, dass ich nun die Seilbahn bis auf 3800m nehmen muss. Sei’s drum.
Das Seilbahn-Ticket inkl. Permit kostet mich 3000 Rubel. Die erste Seilbahn startet um 9 Uhr während die letzte um 16:30 Uhr ins Tal zurückfährt. Ein extrem knappes Zeitfenster, um den Elbrus an einem Tag zu machen.
Am 13.08 soll das Wetter günstig sein und so fahre ich mit dem ersten Lift auf 3800m, noch nicht wissend, welche Anstrengung mir der Tag bereiten wird.
Das Wetter ist wie angekündigt beinahe Wolkenlos, allerdings liegt die Windgeschwindigkeit bei 50 km/h und das über den ganzen Tag.
Die ersten 1000 Höhenmeter gehen brutal in die Beine und auf die Psyche. In einem Moment bin ich kurz davor abzubrechen, doch steige weiter. 400 Euro Visa und eine extrem zähe Anreise treiben mich weiter den Berg rauf.
Ich werde hier nicht wieder herkommen, rede ich mir ein, und fange an Schritte zu zählen. 20 Schritte gehen, dann zähle ich bis 30 und alles beginnt wieder von vorne.
Nach fünf Stunden bin ich am Sattel, der den Ost- mit dem Westgipfel verbindet angekommen. Die letzte Seilbahn um 16:30 Uhr werde ich niemals erreichen. Einen Schlafsack und eine Isomatte habe ich glücklicherweise eingepackt. Eine Reservation für ein Bett in einem der Diesel-Huts habe ich nichts. Ich werde mir später irgendwo ein „gemütliches“ Plätzchen suchen. Aber zuerst muss ich da hoch!
Während ich mich mit meinen letzten Kräften gegen den Winde stemme und Schritt für Schritt auf den Westgipfel steige, schiele ich immer wieder zum Ostgipfel. Dieser ist nur 20 Meter niedriger und hilft mir als Maßstab, wann ich denn endlich diese verdammten Gipfel erreiche.
Um 16:45 Uhr ist es dann soweit und setze meine Stiefel auf das Dach Europas. Ich bin am Elbrus 5642m angekommen. Erschöpft aber unendlich glücklich!
Rumänien
Meine Tour zum Moldoveanu 2544m wird mir für immer im Gedächtnis bleiben!
Warum?
Kurz gesagt, ich bin in einen Sturm mit Regen und Schnee geraten der mich nah an mein Limit gebracht hat.
Wir haben das letzte Wochenende im September. Ich habe mich erst von einer Krankheit erholt und den Flug nach Bukarest schon gebucht ohne Möglichkeit diese kostenfrei stornieren zu können.
Also trete ich meine Reise an, weil ich mich gut fühle und weil ich am Tag nach meiner Ankunft ein kleines Wetterfenster bis 12 Uhr sehe.
Ab 12 Uhr am Sonntag 29.09 soll der Sturm über dem Gebirge einbrechen.
Ich starte daher früh um 3 Uhr in der Nacht und gleich 30 Minuten da ich mich in der Dunkelheit und bei den vielen Pfaden verlaufe.
Ich finde den Weg aber schnell wieder und so geht es über einen Gipfel nach dem anderen. Gegen 9 Uhr bin ich auf dem Gipfel und verweile nur kurz. Ich weiß, da ist um 12 Uhr noch etwas im Anmarsch.
Kurz nachdem ich den letzten Gipfelaufbau abgestiegen bin schlägt das Wetter um. Urplötzlich fängt es an zu stürmen und zu regnen. Es dauert nicht lange und meine Funktionshose, die eher für den Sommer geeignet ist, ist komplett durchnässt.
Auch die Hardshell-Jacke kommt an Ihre Grenzen und es dringt Nässe durch.
Der höchste Berg Rumäniens liegt etwas versteckt tief im Gebirge. Vom Parkplatz aus hat man knapp 14km zu bewältigen bei etwa 1500 Höhenmeter, wobei sich diese aus vielen Gegenanstiegen zusammensetzen.
Vor mir liegt nun eine knappt 14km lange Strecke mit einigen Hundert Höhenmeter vor mir und das im Sturm.
Das passiert mir so in dieser Form zu ersten Mal!
Nach etwa zwei Stunden bin ich komplett durchnässt. Die Bein sind taub und ich habe die ersten Krämpfe in der Wade. Zeitweise auch zeitgleich in beiden Waden. Ich muss mich dann auf die Zehen stellen und mit dem Körpergewicht den Krampf rausdrücken. Nach einigen Krämpfen habe ich kaum noch ein Gefühl in der Wade und ich drücke diesen emotionslos weg.
Nun kommt noch ein neues Level an Schmerz hinzu und zwar mach meine Oberschenkmuskulatur zu. Ich kann meine Beine nun weder stark anwinkeln noch strecken. Sie sind wie erstarrt in einer leicht angewinkelten Position. In genau diesem Winkel hinke ich nun weiter. Einen Blick aus die Route wage ich schon nicht mehr. Das würde mich zu stark mental belasten, wenn ich sehe, dass ich immer noch 5km und 500 Höhenmeter machen muss.
Also laufe ich soweit das geht weiter. Ich schalte meinen Kopf komplett aus. Ich akzeptiere mein Lage und setze einen Schritt vor den anderen. Irgendwie werde ich hier schon rauskommen.
Nach über fünf Stunden erreiche ich endlich den Parkplatz und damit auch das Auto.
Ich ziehe meine nassen Klamotten aus und stülpe den Schlafsack über.
Trockene Kleidung habe ich nicht mehr. Es ist alles komplett Nass, meine Bose Kopfhörer sind kaputt, meine Anker Powerbank ebenfalls und mein Reisepass ist zerfledert.
So sitze ich etwa eine halbe Stunde nackt und zitternd im Schlafsack bis mein Körper endlich wieder auf Temperatur gekommen ist.
Nach einem Nickerchen und etwas Nahrung geht es zurück ins Tal.
Österreich
Auf den Großglockner habe ich schon lange ein gieriges Auge geworfen.
Mein Pläne einer Besteigung musste ich jedoch zweimal verschieben, da ich nach je zwei langen Arbeitstagen nicht mehr in der kognitiven Verfassung war, eine 6-stündige Autofahrt zu leisten.
Anfang November 2024 hilft mir ein Feiertag und somit ein um zwei Tage verlängertes Wochenende durch halb Österreich in die hohen Tauern zu fahren. Auf der Anfahrt nehme ich noch genussvoll die Wildspitze mit, wobei mir dabei klar wird, dass ich doch nicht so fit bin wie erhofft.
Ich verbringe auf dem Parkplatz den so viele Großglockner-Aspiranten als Ihren Startpunkt wählen eine Nacht in meinem Auto. Es ist moderat gemütlich.
Um 6 Uhr starte ich in absoluter Dunkelheit in Richtung Stüdlhütte. Vor mir leuchten bereits einige Stirnlampen hoch über mir. Ich bin also heute nicht allein, wie vergleichsweise bei der Wildspitze.
Das Wetterfenster ist ausgezeichnet. Während ich kontinuierlich nach oben stapfe, halte ich immer wieder inne und beobachte, wie immer stärkere orangefarbene Sonnenstrahlen in die Südwand des Großglockners fallen. Ein atemberaubender Anblick.
Aufgrund meines körperlichen Defizits entscheide ich mich gegen den Stüdlgrat und für den Normalweg. Hätte ich einfach härter trainiert!
Nach einem fünfstündigen Aufstieg und einigen(!) Pausen stehe ich auf dem Großglockner. Fühlt sich verdammt gut an!
Spanien
Nachdem meine Anden-Expedition Ende November 2024 in einer Vollkatastrophe geendet hat, brauche ich Anfang Dezember einen kleinen Schub für mein Selbstvertrauen. Es steht praktisch die Wintersaison vor der Tür und derart geknickt kann ich da am 21.12 unmöglich antreten.
Nachdem meine Anden-Expedition Ende November 2024 in einer Vollkatastrophe geendet hat, brauche ich Anfang Dezember einen kleinen Schub für mein Selbstvertrauen. Es steht praktisch die Wintersaison vor der Tür und derart geknickt kann ich da am 21.12 unmöglich antreten.
Also beschließe ich kurz nach meiner Rückkehr einen Abstecher in die Sierra Nevada zu machen, mit ganz kleinem Rucksack versteht sich.
Vor etwas über einem Jahr, am 18.12.2023, habe ich die Sierra Nevada schon bereits mit dem Versuch den Mulhacén zu besteigen bereist. Damals wie auch heute konnte ich keine Steigeisen im Flieger-Handgepäck mitnehmen. Nun versuche ich es mit gleichem Gepäck erneut aber mit Wut im Bauch und einer leicht veränderten Route.
Über Malaga geht`s mit dem Mietwagen auf 2500 Meter zum Ausgangspunkt meiner Tour. Ich schlafe gut, auch wenn man im DS 4 den Beifahrersitz nicht wirklich weit nach hinten klappen kann.
Spät gegen 8 Uhr starte ich meine Tour und folge gemütlich einem breiten Schotterweg. Es bläst ein starker Wind der den gefallenen Schnee schön festgefroren in die Bergflanken drückt. Ein kleiner Streifen auf dem Schotterweg ist größtenteils schneefrei, demnach kein Problem für einen Bergsteiger ohne Steigeisen.
Nach ungefähr 8 km zeigt sich mir der eigentliche Gipfel erstmals und ich bin etwas erleichtert, da ich an den Hängen wenig Schnee erkennen kann. Gute Erfolgschancen also.
In einer Schutzhütte begegne ich noch einem Spanier, welcher bereits seit drei Tagen die Stille und Weite der Berge genießt. Erinnert mich ein wenig an die Biografie von Anderl Heckmaier, der ganze Monate in den bayerischen Alpen verbracht hat.
Eine letzte Anstrengung bringt mich endlich zum höchsten Punkt des spanischen Festlandes. Ein kleines Trostpflaster für die verhunzte Südamerika-Reise.
Portugal
Kaum zurückgekehrt vom Gipfel des Mulhacén spüre ich meine Neugierde auf ein weiteres kleines Abenteuer.
Es trägt den Namen Serra da Estras und liegt in Portugals westlichen Grenzgebiet zu Spanien. Entfernung, 675 km mit dem Auto.
Diesen kleinen Abstecher hatte ich bereits bei der Mietwagen-Buchung im Hinterkopf. Daher die Buchung eines Automatik-Getriebes. Ich hatte auch Glück und es wurde mir ein DS 4 zugeteilt, anstatt des Fiat 500x. Sollte demnach eine entspannte Fahrt werden.
Der Rucksack landet schnell im Kofferraum und der Nudelsalat wird runtergewürgt und schon sitze ich mit klarem Kopf am Steuer Richtung Portugal.
Nach über 5 Stunden und weit über 500 km Autofahrt ist auch für das Organ zwischen den Ohren Feierabend und ich lege mich ein zweites Mal auf den Beifahrersitz zum schlafen. Auch die zweite Nacht bringe ich erfolgreich und gut ausgeruht hinter mich. Nun heißt es die letzten 250 km mit dem soliden Diesel schruppen.
Der Grenzübergang Spaniens zu Portugal gleicht einem Geisterdorf. Eine zerfallene Hütte, ein Haus mit zugemauerten Fenstern und einem Plakat mit einer URL die Auskunft über das Maut-System in Portugal gibt.
Fehlanzeige. Leider funktioniert die Website zur Maut nicht. Also fahre ich einfach drauf los und habe Glück. Keine Checkpoints keine Mautstellen. Schwäbische Weinachten, auch auf dem Rückweg.
Auf dem Torre, Portugals höchster Erhebung des Festlandes habe ich nochmal Glück. Der Hügel liegt wolkenfrei etwa 100 km vor dem offenen Atlantik und ich kann die atemberaubende Weitsicht in alle Richtungen genießen.